Es geht um die Wurst

Auswärtsfahrt zum Thüringer HC

Zur inoffiziellen „Fanbase-Saisonabschlussfahrt 2023/24“ am 11. Mai konnten wir endlich mal wieder mit einem voll besetzten Dux-Bus auf Reisen gehen – und das, obwohl der HSG-Auftritt beim Thüringer HC auch im Free-TV bei Eurosport übertragen wurde! Allen acht Mitfahrern war klar: Heute geht es um die Wurst – für uns bereits beim Vorprogramm, für die HSG dann am Abend beim Spiel in Bad Langensalza. Nur durch einen Auswärtssieg würde man die Hoffnung auf den „europäischen“ Platz vier am Leben erhalten können.

Wir brauchten von Blomberg nur zwei Stunden und zwanzig Minuten bis zu unserem ersten Ziel, dem „1. Deutschen Bratwurstmuseum“ am Rande von Mühlhausen in Thüringen. Träger des am 16. August 2023 (wieder)eröffneten Museums ist der Verein „Freunde der Thüringer Bratwurst e.V.“. Zunächst näherten wir uns stilecht mit einer leckeren Thüringer Bratwurst an die Thematik an, dann ging es in der umfangreichen Ausstellung im Museum ans Eingemachte: Hier erfährt man alles über Thüringens Exportschlager, der in diesem Jahr 620 Jahre alt wird – von der Herstellung einst und jetzt bis zu den Unterschieden zwischen den verschiedenen Sorten wie der schwäbischen „Roten Wurst“ oder der Westfälischen Bratwurst, denen wir immer wieder auf unseren Auswärtsfahrten begegnen. All das wird mit einem kräftigen Augenzwinkern präsentiert: „Wenn das Schwein an der Leiter hängt, wird erstmal einer eingeschenkt“. Bemerkenswert: Nur für das eigentliche Museum muss ein moderates Eintrittsgeld bezahlt werden, zum „Bratwurst- Erlebnisland“ mit Fressmeile, Kinderspielplatz und Mini-Tierpark kommt man dagegen kostenlos. Wir hatten richtig viel Spaß und können den Besuch nur empfehlen!

Anschließend fuhren wir weiter zum Stadtkern der mittelalterlichen Reichsstadt Mühlhausen. Bei unserem letzten Besuch im Dezember 2022 war die auf 370 Metern begehbare innere Stadtmauer mit dem 34,2 m hohen Rabenturm saisonbedingt geschlossen, aber nun konnten wir von der Turmspitze aus den Blick auf die weitgehend erhaltene historische Innenstadt mit der markanten Marienkirche genießen und anschließend von der Stadtmauer in Gärten, Hinterhöfe und enge Altstadtgassen schauen. Nach einem erfrischenden Kaltgetränk in der Fußgängerzone erkundeten wir noch ein wenig die Altstadt und machten uns dann auf den Weg zum nächsten Ziel, einem urgemütlichen Eis- und Frühstückscafé in einer alten Jugendstil-Villa etwas außerhalb der Stadtmauern. Hier waren wir schon vor anderthalb Jahren eingekehrt und es hatte uns so gut gefallen, dass wir dort unbedingt wieder vorbeischauen mussten. „Leider“ bekamen wir diesmal einen Tisch draußen und konnten deshalb nichts von der außergewöhnlichen Einrichtung sehen. Dafür schien die Sonne, und das Eis war wieder vom Feinsten …

So langsam wurde es Zeit für die letzten paar Kilometer bis nach Bad Langensalza, wo wir gut anderthalb Stunden vor dem Anwurf eintrafen. Auch vor der Salzahalle war der Grill bereits angeworfen worden, und nach dem Bezug unserer Plätze auf der neuen Tribüne und dem Aufbau unserer vier Trommeln plus Snare lockte uns die Aussicht auf eine zweite Thüringer Bratwurst schnell wieder ins Freie. Sieger der Fanbase-internen Bratwurstiade wurde allerdings das Produkt aus dem Mühlhäuser Museum. Zurück in der Halle wuchs auf der alten Tribüne gegenüber nach und nach die sprichwörtliche „Rote Wand“ – gefühlt mindestens jeder zweite der 1.220 Zuschauer kam im THC-Trikot oder zumindest mit roter Oberbekleidung zum Spiel, das war schon beeindruckend!

Die HSG erzielte den ersten Treffer der Partie, aber den besseren Start erwischte mit 3:1 nach fünf Minuten der THC. Doch die HSG blieb dran, glich schnell aus und konnte sich nach 12 Minuten beim 5:7 erstmals mit zwei Toren absetzen. Dank einer äußerst konzentrierten Leistung in Angriff und Abwehr war die Blomberger Führung nach und nach bis auf sechs Tore angewachsen, als Ona in der 27. Minute zum 12:18 einnetzte. Leider konnte dieser Vorsprung nicht komplett bis in die Pause gerettet werden – der THC verkürzte mit drei Treffern noch bis auf 15:18. Bis zur 38. Minute konnte die HSG diese Drei-Tore-Führung halten, aber dann machte sich der enorme Kräfteverschleiß von Minute zu Minute mehr bemerkbar: Die Abschlüsse wurden unpräzise und auch in der Abwehr fehlte die Abstimmung. Die Heimmannschaft glich in der 46. Minute aus und ging drei Minuten später zum ersten Mal seit dem 4:3 wieder mit 25:24 in Führung. Auch wenn nach Niekes 27:25 ins leere THC-Tor sieben Minuten vor Spielende eigentlich noch alles offen war, musste die HSG in der verbleibenden Spielzeit bis zum Endstand von 33:27 immer mehr abreißen lassen. Johanna Reichert vom THC war besonders in Hälfte zwei nicht zu halten und erzielte insgesamt 14 (!) Tore. Zum Vergleich: Die beste HSG-Torschützin Ona kam auf sieben Treffer.

Reisen bildet – und so schauen wir unterwegs immer, was uns bei den Heimmannschaften besonders gut gefällt und ob man das nicht auch in Blomberg übernehmen könnte. In dieser Hinsicht war unser Besuch in der Salzahalle besonders ergiebig – nicht umsonst hieß es hier früher „Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen“! So lassen sich langweilige Partien, in denen der Gegner vorn liegt, durch das lustige Werfen von Hallenheften aufs Spielfeld ungemein auflockern. Auch das motivierende „Hin-set-zen!“ bei einer Zeitstrafe für die gegnerische Mannschaft haben wir sofort ausprobiert und in unseren Grundwortschatz übernommen. Nur der ständige wertschätzende Dialog mit der Gästebank lässt sich an der Ulmenallee leider schlecht umsetzen, denn die Fanbase residiert auf der gegenüber liegenden Tribünenseite. Hier muss also noch eine Lösung gefunden werden.

Spaß beiseite: Unser Team hat gekämpft bis zum sprichwörtlichen Umfallen, alles gegeben und den immer noch großen THC über drei Viertel der Spielzeit an den Rand einer Niederlage gebracht. Wer weiß, was mit einem etwas breiter besetzten Kader ohne Verletzte möglich gewesen wäre … So hat der Thüringer HC das Spiel letztlich verdient, aber zu deutlich gewonnen. Tabellenplatz vier ist für die HSG damit in unerreichbare Ferne gerückt – nun gilt es, mit einem Heimsieg gegen die Sport-Union Neckarsulm den fünften Platz endgültig zu sichern und im Anschluss den ausscheidenden Spielerinnen einen würdigen Abschied zu bereiten. Um diese Themen drehten sich dann auch die Gespräche auf der Heimreise von der letzten Fanbase- Auswärtsfahrt der Handballsaison 2023/24.

Text und Fotos: Uwe Jakob