Schöne Halle, schlechtes Ergebnis …

In Zwickau in die Saison 2024/25

Die inzwischen vierte Fanbase-Auswärtsfahrt ins westsächsische Zwickau am 8. September versprach gleich aus mehreren Gründen besonders interessant zu werden: Zunächst war es der erste Bundesliga-Spieltag der neuen Saison 2024/2025 mit vielen neuen Gesichtern in beiden Teams; dann hatte die Heimmannschaft zur neuen Saison mächtig „aufgerüstet“ und wenige Tage vor dem Spiel noch eine weitere ungarische Spielerin aus der Insolvenzmasse des französischen Clubs aus Nantes nachverpflichtet; und nicht zuletzt war es für den BSV Sachsen Zwickau das erste Spiel in der neuen Heimspielstätte, der Zwickauer Stadthalle – darauf waren wir alle besonders gespannt. Zu fünft – unser sechster Mitfahrer musste leider krankheitsbedingt kurzfristig absagen – machten wir uns am Sonntagmorgen um acht Uhr mit dem Bulli der „Lippischen“ auf den Weg nach Osten.

Nach gut der Hälfte der Strecke mit vielen Serpentinen auf den letzten Kilometern erreichten wir unser Etappenziel, das weithin sichtbare Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf dem Kyffhäuser – hier waren wir auf dem Weg nach Halle-Neustadt schon mehrmals auf der A38 vorbeigefahren. Das nach dem Tod Kaiser Wilhelms I. 1888 in den Jahren 1890 bis 1896 errichtete Monumental- Bauwerk gehört zu den Nationaldenkmälern Deutschlands. Wie das Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica oder das Leipziger Völkerschlacht-Denkmal wurde es nach Plänen des Berliner Architekten Bruno Schmitz gebaut. Nach dem obligatorischen Fanbase-Frühstück auf dem Parkplatz machten wir uns zunächst an die Besteigung des Burgbergs, denn das Denkmal steht direkt neben den Ruinen der mittelalterlichen Reichsburg Kyffhausen. Auf 420 m über NN angekommen, ließen sich zwei von uns auch von den 247 Stufen des Denkmals nicht abschrecken, stiegen auf den 57 m hohen Turm und hielten Richtung Nordwest nach dem Brocken im Harz Ausschau. Leider konnte man ihn an diesem sonnigen, aber etwas diesigen Tag nicht sehen, aber die Aussicht entschädigte trotzdem für das mühsame Treppensteigen.

Schnell bestaunten wir noch den mit 176 m tiefsten Burgbrunnen der Welt, dann wurde es auch schon Zeit zur Weiterfahrt nach Zwickau – schließlich wollten wir frühzeitig vor Ort sein und uns vor dem Anwurf noch in Ruhe die „neue“ Halle ansehen. Mit einer Kapazität von maximal 3.200 Zuschauern bei Handballspielen bedeutet die im Jahr 2000 eingeweihte, kreisrunde Zwickauer Stadthalle einen Quantensprung verglichen mit der altehrwürdigen Sporthalle Neuplanitz, in der der BSV bisher seine Heimspiele ausgetragen hatte. Außen wie innen erinnert vieles an Oldenburgs kleine EWE-Arena. Die Stadthalle soll allerdings nur eine Zwischenlösung sein, bis der BSV langfristig in einen geplanten Sporthallenneubau nach Neuplanitz zurückkehrt. Wir stellten unsere Trommeln im Gästeblock F ab, begrüßten HSG-Busfahrer Leen sowie einige weitere individuell angereiste Blomberg-Fans und testeten anschließend das in Zwickau traditionell gute kulinarische Angebot.

Neben dem eigenen Zwickauer Fanclub unterstützten auch mehrere Trommler und Fans der „Rödertal-Bienen“ den BSV auf der Haupttribüne. Ein Teil der 1.400 Besucher waren aber ganz offensichtlich keine Handballanhänger, sondern wurden eher durch den Event-Charakter der Veranstaltung angelockt. Die Stimmung in der Halle war jedenfalls ganz anders als bei den Spielen der Vorjahre in Neuplanitz, eher wie bei einem anderen Frauenhandball-Bundesligisten in einem an Sachsen angrenzenden Bundesland … Doch nun zum Spiel: Beide Mannschaften hatten in der Vorbereitung einige bemerkenswerte Ergebnisse erzielt, da schien ein spannendes Match vorprogrammiert. Die HSG lag in Hälfte eins zwar fast durchgängig leicht vorn und führte auch zur Halbzeit beim 13:15 mit zwei Toren, aber irgendwie beschlich einen da schon das Gefühl, dass die Blombergerinnen nicht ihren besten Tag erwischt hatten: Sie kamen kaum in ihr Tempospiel und blieben im Positionsangriff oft in der Zwickauer Abwehr hängen. Sachsen Zwickau dagegen spielte im Rückraum einfach geduldiger und passgenauer, zog die HSG-Abwehr geschickt auseinander und fand schließlich fast immer eine Lücke. Auch taktische Finessen wie das Spiel mit zwei Kreisläuferinnen probierte Zwickaus Trainer Norman Rentsch erfolgreich aus. Wer die HSG durch die Rote Karte für Zwickaus ungarischen Last-Minute-Neuzugang Blanka Kajdon in der 39. Minute beim Stand von 17:17 nach einem rüden Foul an Nieke Kühne schon auf die Siegerstraße einbiegen sah, hatte sich leider zu früh gefreut: Den folgenden Siebenmeter vergab Amber Verbraeken und ab Minute 49 konnte sich Sachsen Zwickau dann immer mehr absetzen, während der HSG nun nur noch sehr wenig gelang – in der Schlussviertelstunde erzielte die Heimmannschaft neun Tore, Blomberg nur deren drei. Spielentscheidend für den am Ende mit 27:21 deutlichen Zwickauer Sieg waren dann auch die vielen Fehlwürfe der HSG speziell zum Spielende hin und die daraus und aus vielen Latten- und Pfostentreffern resultierende schwache Wurfquote von unter 50 %. Man muss neidlos anerkennen, dass die Gastgeberinnen an diesem Tag die bessere Mannschaft aufs Feld geschickt und das Spiel verdient gewonnen hatten. Von der HSG konnte eigentlich nur Nieke Kühne – nicht nur durch ihre fünf Treffer – überzeugen und wurde einige Tage später dann auch zu Blombergs „Player of the Match“ gewählt. Teamübergreifend ging dieser Titel allerdings an Zwickaus japanische Nationalspielerin Kaho Nakayama, die von der HSG-Abwehr über 60 Minuten kaum in den Griff zu kriegen war und neben acht eigenen Toren noch diverse Anspiele beisteuerte.

Schon die Ergebnisse des ersten Spieltags haben angedeutet, dass die Liga leistungsmäßig enger zusammengerückt ist und es in dieser Saison keine vermeintlich „leichten Gegner“ gibt. Nach diesem klassischen Fehlstart zum Auftakt setzen wir auf eine deutliche Leistungssteigerung der HSG in den nächsten Spielen – das Potenzial ist sicher da, die Leistung muss nur auf die Straße gebracht werden! Passend dazu führte uns der Rückweg über den neuen Abschnitt der A44 östlich von Kassel in Rekordzeit zurück nach Blomberg.

Text und Fotos: Uwe Jakob