Freiheit – Gleichheit – Auswärtssieg!

Auf zum EHF European League Spiel nach Dijon

(Zunächst ein Hinweis in eigener Sache: Diese völlig sinnbefreite Überschrift sollte eigentlich „Freiwurf – Abpfiff – Auswärtssieg!“ heißen; die Version oben ist das Ergebnis einer verlorenen Wette das Spielergebnis betreffend.)

Am Wochenende nach unserem Ausflug nach Lubin waren wir zu siebt schon wieder mit dem Dux-Bus in entgegengesetzter Richtung unterwegs: Am 15. Februar führte unser Kurs rund 750 km nach Südwest vorbei an Köln, durch die verschneite Eifel, nach Luxemburg und ab der französischen Grenze immer nach Süden bis nach Dijon, der 170.000 Einwohner-Metropole der französischen Region Burgund. Auf dem Weg von der Autobahn zur Innenstadt checkten wir schnell in unserem Hotel „Campanile Dijon-Est“ im Vorort Saint-Apollinaire ein und parkten den Bulli dann direkt neben der Spielstätte, dem nach einem französischen Handball-Nationalspieler benannten „Palais des Sports Jean-Michel Geoffroy“.

Zum Glück reichte die Zeit vor Einbruch der Dunkelheit und dem Öffnen der Hallentore noch aus, um von dort zu Fuß vorbei am Place de la République einen kurzen Abstecher in die wirklich wunderschöne Altstadt Dijons zu machen: Die schmalen Gassen sind gesäumt von mittelalterlichen Häusern mit einer unglaublichen Vielzahl kleiner Geschäfte, Cafés und Restaurants.

Bevor wir uns auf den Rückweg machen mussten, schafften wir es bis zum Herzogspalast am halbrunden Place de la Libération.

Von dort blickt man auf die gotische Renaissancekirche Saint-Michel und die Bibliotheque Colette in der ehemaligen Kirche Saint-Etienne.

In jedem Fall war Dijon von den drei Städten, die wir auf den Auswärtsfahrten der European League-Gruppenphase gesehen haben, das absolute Highlight. Wie schon in Mosonmagyaróvár und Lubin blieben wir auch in Dijon nicht die einzigen HSG- Anhänger, die zum Spiel angereist waren: Diesmal bekam Lisa Frey am Abend vor ihrem 30. Geburtstag Familienbesuch aus der nahegelegenen Schweiz. Die im Januar 1977 eröffnete Spielstätte „Palais des Sports“ wirkte von außen schon leicht mitgenommen und etwas in die Jahre gekommen.

Dieser Eindruck änderte sich, als sich eine Stunde vor dem Anwurf um 20 Uhr die Tore öffneten: Von innen ist es eine beeindruckende Arena mit zwei steilen, hohen Tribünen für bis zu 5.000 Basketball- oder 3.100 Handballfans.

Leider waren gegen Blomberg nur 1.250 Zuschauer vor Ort, darunter eine Gruppe „gekaufter Studenten“ namens „Black Owls“ („schwarze Eulen“ – die Eule ist das Symboltier Dijons), die seit mehreren Jahren in wechselnder Besetzung im Gegenzug für Freikarten für Stimmung auf den Tribünen sorgt. Wir erhielten wunderbare Plätze in der ersten Reihe und richteten uns dort häuslich ein. Direkt hinter uns saßen Kinder einer Dijoner Jugendmannschaft, von denen uns ein Mädchen während des Spiels fast in den Wahnsinn treiben sollte – dazu gleich mehr.

Das Blomberger Team war trotz schmaler Bank gegenüber dem Auftritt drei Tage zuvor in Bensheim kaum wiederzuerkennen und ließ sich nach einer 1:3-Führung in der 5. Minute auch durch zwischenzeitliche, teilweise deutliche Führungen von JDA Bourgogne Dijon nicht aus der Ruhe bringen: In der 22. Minute lag die Heimmannschaft mit 13:7 vorn, zur Halbzeit stand es 15:12. Nach dem Seitenwechsel glich Nieke in der 35. Minute zum 16:16 aus, kurz danach erzielte Zoe mit ihrem 16:17 ins leere Dijoner Tor die erste Blomberger Führung seit der 5. Minute. In Hälfte zwei versuchten die Gastgeberinnen mit recht wenig Erfolg, Nieke durch Manndeckung aus dem Spiel zu nehmen. Mit einer sehr offensiven 3-2-1-Deckung schossen sie allerdings etwas über das Ziel hinaus und ermöglichten dem HSG-Rückraum, seine Stärken im 1:1 in Treffer umzumünzen: Am Spielende hatten Nieke zehn und Ida acht Tore erzielt, die meisten davon in der 2. Halbzeit. Dijons erfolgreichste Torschützin war Linksaußen Nina Dury mit sechs Treffern – lag es vielleicht daran, dass sie von dem Mädchen direkt hinter uns 60 Minuten lang wirklich ununterbrochen mit „Allez Nina!“ angefeuert wurde (selbst dann, wenn sie gerade eine Zweiminutenstrafe absaß)? Wir ziehen jedenfalls den Hut vor so viel Einsatz – und warnen die nach Frankreich mitfahrenden Bensheimer Fans hiermit schon mal vor! Zurück zur Schlussphase des Spiels: Trotz Unterzahl nach der Disqualifikation für Laura kam Blomberg beim Stand von 27:27 knapp dreißig Sekunden vor dem Abpfiff nochmals in Ballbesitz. Was dann folgte, bleibt unvergesslich: Als Niekes Freiwurf unmittelbar vor Spielende halbhoch rechts im Dijoner Kasten einschlug, herrschte einen Moment Totenstille in der Halle, bevor zusammen mit dem Schlusspfiff der Blomberger Jubel losbrach.

Wir gratulierten unserem Team zum vorzeitigen Viertelfinal-Einzug, denn einige Stunden zuvor hatte Lubin überraschend bei den bisher punktlosen Ungarinnen aus Mosonmagyaróvár verloren. Während die Mannschaft über Nacht schon mit dem „HSG-Express“ auf dem Rückweg nach Blomberg war, feierten wir den 27:28-„Buzzer Beater“-Auswärtssieg in der kleinen Brasserie „Bouillon Notre-Dame“ in der Altstadt, wo man auch zu später Stunde noch lecker essen und trinken konnte. Die Rückfahrt am Sonntag gingen wir entspannt ganz ohne Zeitdruck an, mit einer längeren Pause in Luxemburg. Gegen 19 Uhr waren wir wieder zurück in Blomberg. Eine Woche später hat sich das sympathische Team aus Dijon durch einen souveränen Sieg in Lubin mit acht Toren Vorsprung noch den zweiten Platz in der European League-Gruppe C erkämpft und spielt nun gegen die „Flames“ aus Bensheim, während die HSG sich mit Super Amara Bera Bera aus San Sebastian in Nordspanien auseinandersetzen wird: Das „Abenteuer Europa“ geht weiter!

Text und Fotos: Uwe Jakob