Auswärtsfahrt zur HB Ludwigsburg
Nur zwei Tage nach unserer Bad Langensalza-Fahrt waren wir am 29.12. schon wieder mit dem Bulli der „Lippischen“ unterwegs – diesmal nur zu fünft und zum amtierenden Deutschen Meister nach Ludwigsburg. Die Fahrt dorthin dauert bekanntlich etwas länger, deshalb verzichteten wir diesmal auf ein Rahmenprogramm und fuhren erst um 9.30 Uhr morgens los, als der „HSG-Express“ schon auf dem Weg nach Süden war. Unterwegs machten wir eine ausgedehnte Pause an der A7-Raststätte Großenmoor, denn Monika hatte wieder Kaffee und Brötchen für alle dabei – dafür vielen Dank! Schon knapp zwei Stunden vor Spielbeginn erreichten wir die Halle in der Ludwigsburger Innenstadt – auf der Suche nach einem Bulli-geeigneten Parkplatz in der Nähe begegnete uns bereits das HSG-Team auf dem obligatorischen Spaziergang.
Die Bundesligamannschaft der SG BBM Bietigheim war bekanntlich zu Saisonbeginn zur HB Ludwigsburg gewechselt und tritt nun unter diesem Namen an. Champions League-Spiele und einzelne Bundesligapartien hatte man auch in der Vergangenheit schon in der Ludwigsburger MHP-Arena ausgetragen; nun finden alle Heimspiele dort statt. Außer Monika kannte noch niemand von uns die 2009 eingeweihte, fast quadratische Halle mit 3.800 Handball-Sitzplätzen, die bisher hauptsächlich vom örtlichen Basketball-Bundesligisten genutzt wurde. Tageskasse und Halleneingang waren noch geschlossen, trotzdem kamen wir „irgendwie“ problemlos bis ins Arena-Foyer und konnten dort unsere „Kapelle“ bis zur offiziellen Öffnung eine Stunde vor Anwurf abstellen. In der Zwischenzeit stärkten wir uns vor der Halle, besorgten die Eintrittskarten und unterhielten uns mit der Familie von Zoe, die wir schon sechs Wochen zuvor in Metzingen kennengelernt hatten.
In der komplett mit Klappsitzen und Rückenlehnen bestuhlten MHP-Arena bezogen wir unsere Plätze im Gästeblock D1 in einer Ecke des Spielfelds etwa auf halber Tribünenhöhe. Schräg gegenüber hinter dem anderen Tor hatten die acht „Lady Drummer“ der Heimmannschaft ihr Orchester aufgebaut. Zum Trommeln sind solche steilen Tribünen mit Rückenlehnen eher schlecht geeignet – zum Glück war nicht jeder Platz besetzt, so dass wir uns ausbreiten konnten. Davon abgesehen ist die MHP-Arena eine fantastische Spielstätte und stellt einen Quantensprung gegenüber der altehrwürdigen Bietigheimer „Sporthalle am Viadukt“ dar. Zum Spiel gegen Blomberg waren 3.084 Zuschauer gekommen und sorgten für eine tolle Atmosphäre. Darunter waren 370 Minis und F-Jugendliche aus dem Handballbezirk Ens-Murr, die in der Halbzeitpause aufs Spielfeld kamen, sowie Eltern, Trainer und Betreuer.
Sowohl Hallensprecher als auch Livestream-Kommentator hatten den Namen „Blomberg“ offenbar noch nie zuvor gehört – vielleicht kann Ludwigsburgs neuer Geschäftsstellenleiter Kornej Weibert da ja etwas Entwicklungshilfe leisten? Vor dem Einlaufen der Mannschaften gab dann der Hallensprecher noch einen kurzen Überblick über den heutigen Gegner aus „Bloomberg“ und erwähnte dabei besonders die Torhüterin „Melanie Wachter“ – ohne Worte … Mit wem es die HSG zu tun bekam, wurde direkt vor Anpfiff deutlich, als die Ludwigsburger EM-Teilnehmerinnen mit Blumensträußen bedacht wurden – gerade mal drei Spielerinnen gingen dabei leer aus!
Wenn man den Gegner möglichst lange ärgern will, sollte man nach Möglichkeit nicht gleich die ersten zehn Minuten des Spiels verschlafen. Genau das tat die HSG leider, lud die Heimmannschaft mit technischen Fehlern und harmlosen Abschlüssen zu Tempogegenstößen ein und lag folgerichtig nach 12 Minuten bei Steffens erster Auszeit schon mit 1:8 zurück. Auch wenn es ein einziges Mal bei Maxis 9:3 geklappt hat, erwiesen sich Heber insgesamt als völlig ungeeignetes Mittel, um die schwedische Nationaltorhüterin Johanna Bundsen im Ludwigsburger Tor zu überwinden. Die kam in der ersten Spielhälfte bereits auf neun Paraden und damit auf eine Quote von fast 50 % gehaltener Bälle. Obwohl die HSG nach der Auszeit besser ins Spiel fand, kam sie nicht mehr näher als auf fünf Tore an Ludwigsburg heran, lag zur Halbzeit mit 16:10 zurück und konnte sich bei Melanie im Tor und bei unseren beiden Linksaußen bedanken, dass der Rückstand nicht noch deutlicher war: Melanie konnte auch bereits acht Paraden vorweisen, Alexia hatte dreimal aus dem Spiel heraus getroffen und Ona war bis dahin dreimal vom Siebenmeterpunkt erfolgreich gewesen.
In der zweiten Spielhälfte kam Ona dann für Alexia aufs Feld und erzielte gleich den ersten Treffer zum 16:11. Insgesamt gelangen ihr drei Feldtore – bei den Siebenmetern war sie leider nicht mehr ganz so treffsicher wie in der ersten Halbzeit und vergab zweimal bei fünf weiteren Versuchen. Nach gut 40 Minuten wechselte Zoe für Melanie ins Tor und nutzte auch noch mehrmals die Chance, sich auszuzeichnen. All das änderte nichts an der Ludwigsburger Überlegenheit: Beim 22:12 in der 38. Minute, einem tollen Kempa-Tor von Antje Döll nach Pass von Johanna Bundsen quer über das ganze Spielfeld, war der Blomberger Rückstand erstmals zweistellig. Doch die HSG bewies Moral – weiter wegziehen ließ sie den Favoriten nicht. Neun Minuten vor Spielende brachte Steffen dann Carolin bei den HSG-Angriffen ins Spiel. Fast hätte sie in der letzten Minute noch ihr zweites Bundesligator gemacht, aber bei ihrem Rückraumkracher aus neun Metern hatte die Querlatte leider etwas dagegen. So erzielte Ona nach dem ersten auch den letzten Treffer in Halbzeit zwei zum standesgemäßen Endstand von 32:24. Ihre neun Tore machten sie nicht nur zum wiederholten Mal in dieser Saison zur Toptorschützin des Spiels, sondern katapultierten sie auch mit insgesamt 55 Treffern unter die „Top Five“ der gesamten HBF.
Noch etwas mehr Statistik: Zwei weitere HSG-Spielerinnen steht dort aktuell sogar auf dem „Treppchen“: Melanie liegt ligaweit mit durchschnittlich 9,7 Paraden pro Spiel auf Platz drei – und Nieke belegt mit neun Zwei-Minuten-Zeitstrafen in acht gespielten Partien derzeit den zweiten Rang in der Sünder-Statistik! Das zeigt, wie wichtig sie nicht nur als Torschützin, sondern auch für die HSG-Abwehr ist. Hinter Ona gab es bei den HSG-Torschützen eine große Lücke bis zu Alexia, Laetitia und Andrea mit jeweils drei Treffern. Der übrige Blomberger Rückraum blieb komplett torlos, und insgesamt nur sechs Rückraumtreffer in 60 Minuten sind einfach zu wenig – gegen den THC waren es zumindest noch neun gewesen. Dagegen erzielten alle 11 eingesetzten Ludwigsburger Feldspielerinnen mindestens ein Tor. Auch wenn das Heimteam vermutlich in dieser Saison noch bessere Spiele abgeliefert hat, ist es selbst durch die Blomberger Brille betrachtet ein Genuss, diesem internationalen Starensemble beim Handballspielen zuzuschauen. Darüber waren wir uns auf der Rückfahrt alle einig: Der Blick geht nach vorn zu den kommenden zwei Bundesliga-Heimspielen gegen Göppingen und Zwickau und dem ersten „So-gut-wie-Heimspiel“ in der European League-Gruppenphase gegen Dijon.
Text und Fotos: Uwe Jakob