Zwei Punkte aus Zwickau

Eine Woche nach dem Pokal-Achtelfinalsieg in Solingen ging es am 4. Oktober mit dem Bulli der „Lippischen“ in entgegengesetzter Richtung nach Osten zum Ligaspiel beim BSV Sachsen Zwickau. Durch eine kurzfristige krankheitsbedingte Absage waren wir diesmal nur zu fünft und hatten zwei große Trommeln und eine Snare im Gepäck. An unserem ursprünglichen Etappenziel, der Marienglashöhle Friedrichroda südöstlich von Eisenach, mussten wir feststellen, dass die nächsten beiden stündlichen Führungen durch die Tropfsteinhöhle bereits ausgebucht waren. Also fuhren wir weiter nach Weimar und sahen uns dort stattdessen das Schloss Belvedere, die vor fast 300 Jahren im Auftrag von Herzog Ernst August I. erbaute barocke Sommerresidenz der ehemaligen Herzöge von Sachsen-Weimar und Eisenach, mit seinen Gartenanlagen und der Orangerie an.

Auch Anfang Oktober blühten im Schlosspark, den wir bei dem trüben Wetter fast für uns allein hatten, noch viele Blumen.

Zum Schlosspark gehört auch ein „Russischer Garten“, der seinem Vorbild in St. Petersburg nachempfunden wurde.

Zu unserem Glück schafften wir es gerade noch rechtzeitig zurück zum Bulli, bevor ein sintflutartiger Regenschauer einsetzte. Auf der Landstraße kurz vor Zwickau überholten wir den „HSG-Express“; die Zeit vor Spielbeginn reichte noch für Kaffee und Kuchen in einem Baumarkt-Café unweit der Stadthalle, die seit dieser Saison „Sparkassen-Arena“ heißt. In der Halle angekommen, bezogen wir unsere Plätze im Oberrang und testeten das in Zwickau gewohnt vielseitige Angebot an Speisen und Getränken:

Zu diesem Foto gehört unbedingt der Satz „Bei der Fanbase wird ja nur ge…!“

Nur dank uns wurde die prestigeträchtige Marke von 1.300 Zuschauern geknackt, denn exakt 1.304 Besucher wollten das Spiel sehen. Darunter war auch eine Reihe weiterer HSG-Anhänger. Schon nach wenigen Minuten war klar: Zwickaus Neuzugang Silje Brøns Petersen hat seit ihrer Blomberger Zeit nichts verlernt und war gegen ihren ehemaligen Verein offenbar besonders motiviert. Mit ihren unverwechselbaren Schlagwürfen erzielte sie vier der fünf ersten Zwickauer Tore. Bis zum 12:12 nach gut 20 Minuten war es ein Spiel auf Augenhöhe, aber danach konnte sich die HSG bis zum Pausenstand von 15:19 langsam etwas absetzen. Zu Beginn von Hälfte zwei vergrößerte die HSG den Vorsprung weiter, unter anderem durch einen Doppelschlag von Nuria, die schon kurz vor der Pause den wichtigen Treffer zum 15:18 erzielt hatte. Zwickaus Abschlüsse waren nun nicht mehr so präzise, doch erst nach dem 17:24 in der 42. Minute packte deren Trainer Norman Rentsch das eigentlich schon von Anfang an oder zumindest viel früher erwartete Spiel 7-gegen-6 aus: Es blieb ohne große Wirkung – außer dass Melanie dadurch mit einem Wurf über das ganze Spielfeld ins leere Zwickauer Tor beim 22:29 zu ihrem ersten Saisontreffer kam! Auch Nieke, die in der Schlussviertelstunde von Zwickaus Japanerin Kaho Nakayama aus dem Spiel genommen wurde, glänzte ebenso wie Andrea mit sechs Toren. Darunter war nach längerer Zeit auch wieder einer ihrer „Dreher“, die besonders in der letzten Saison zu ihrem Markenzeichen geworden waren. Am Ende gewann die HSG dank der insgesamt höheren Effektivität im Abschluss verdient mit 29:35 gegen einen vor allem in der 1. Halbzeit stark spielenden Gegner.

Nach drei Heimsiegen hatte die HSG damit auch die ersten Auswärtspunkte der Saison 2025/26 geholt und blieb an der Tabellenspitze der Alsco HBF. In der Liga nicht mehr der Jäger, sondern plötzlich der Gejagte zu sein, fühlt sich irgendwie noch ungewohnt an – aber wir würden uns gern daran gewöhnen! Trotz Sturm und Regen hatten wir eine angenehme Rückfahrt nach Blomberg uns sagen danke an unsere Fahrer Katrin und Axel!

Text und Fotos: Uwe Jakob

Go East – mit der Fanbase auf Auswärtsfahrt nach Zwickau


Zu dieser Saison gab es bekanntlich mit dem BSV Sachsen Zwickau nur einen Aufsteiger. Die Sächsinnen, zu deren Aufstiegsmannschaft noch die ex-Blombergerin Katarina Pavlovic gehört hatte, mussten in den ersten Ligaspielen ordentlich Lehrgeld bezahlen, doch der klare Heimsieg gegen Bayer Leverkusen mahnte zur Vorsicht. Die HSG hatte noch nie ein Pflichtspiel gegen Zwickau bestritten, entsprechend groß war das Interesse an der Auswärtsfahrt vom 30. Oktoberbei den Fanbase-Mitgliedern. Am Ende fuhren zehn Blomberger Fans mit einem Bulli und einem PKW im Konvoi Richtung Osten.

Unterwegs sorgte Monika wieder in bewährter Weise dafür, dass niemand hungern musste. Statt einer weiteren Pause auf irgendeiner Autobahnraststätte machten wir lieber einen kurzen Abstecher von der A4 ins Stadtzentrum von Weimar, wo es einiges zu sehen gab: Gleich neben unserem Parkplatz stand das Grüne Schloss mit der berühmten Herzogin Anna Amalia-Bibliothek, deren Besichtigung wir auf das nächste Mal verschieben mussten. Auf unserem kleinen Rundgang durch die Altstadt suchten und fanden wir die Wohnhäuser von Goethe und Schiller: Während Johann Wolfgang von Goethe fast 50 Jahre im Haus am Frauenplan lebte und arbeitete, bewohnte Friedrich Schiller sein fast nebenan liegendes Haus nur von 1800 bis zu seinem Tod 1805. Vorbei am Marktplatz, dessen historische Gebäude uns besonders gut gefielen, machten wir uns danach auch schon auf den Rückweg zu unseren Fahrzeugen – wir hatten ja schließlich noch einiges vor!

Vorbei am Marktplatz, dessen historische Gebäude uns besonders gut gefielen, machten wir uns danach auch schon auf den Rückweg zu unseren Fahrzeugen – wir hatten ja schließlich noch einiges vor!

Knapp eineinviertel Stunden später und 110 km weiter erreichten wir Zwickau, die viertgrößte Stadt des Bundeslands Sachsen. Nachdem wir kurz zuvor am riesigen neuen VW-Werk in Mosel vorbeigefahren waren, war unser erstes Ziel das August-Horch-Museum in der Nordvorstadt: Wer öfter mit der Fanbase unterwegs ist, wird recht bald eine gewisse Vorliebe für Automobil- und Technikmuseen feststellen. So standen in den vergangenen Jahren schon Besuche im Mercedes- und im Porsche-Museum auf dem Programm.

Während diese beiden Stuttgarter Museen in aufwändigen Neubauten untergebracht sind, nutzt das 1988 eröffnete, 2004 umgebaute und 2017 erweiterte August-Horch-Museum mehrere historische Gebäude des ehemaligen Zwickauer Audi-Werks.

Die Automobilstadt Zwickau verbindet man heute vor allem mit dem Fahrzeug, von dem hier zwischen 1957 und 1991 fast 3,1 Millionen Exemplare vom Band liefen: dem Trabant, liebevoll Trabi oder Rennpappe genannt. Doch die Geschichte geht viel weiter zurück bis ins Jahr 1904, in dem August Horch begann, in Zwickau Automobile der Luxusklasse zu bauen. 1909 verließ er die Firma, die seinen Namen trug, und gründete direkt nebenan die Audiwerke AG („audi!“ ist das lateinische Wort für „horch!“). 1932 schlossen sich Horch, Audi, Wanderer aus Chemnitz sowie DKW aus Zschopau zum zweitgrößten deutschen Automobilhersteller Auto Union AG zusammen. Das Markenzeichen der vier ineinander verschlungenen Ringe für die vier Gründermarken nutzt die Firma Audi noch heute. Ab 1949 wurden im ehemaligen Audi-Werk, das im zweiten Weltkrieg weitgehend unzerstört geblieben war, wieder Autos gebaut, und ab Mai 1958 firmierte man bis zum Zusammenbruch der DDR als VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau. All das und noch viel mehr erfährt der Besucher auf 6.500 m² Ausstellungsfläche mit etwa 160 Fahrzeugen, aber auch alte Fertigungsmaschinen werden gezeigt. Verglichen mit den Stuttgarter Fahrzeugmuseen hat uns das Horch-Museum vielleicht sogar noch etwas besser gefallen, weil hier viele der ausgestellten Autos durch passende Hintergrundfotos oder Dekoration in ihrer „natürlichen Umgebung“ gezeigt werden, statt sie nur abzustellen und mit einem erklärenden Schild zu versehen.

Nach so vielen interessanten Eindrücken im „Vorprogramm“ waren wir alle sehr gespannt, wie
sich die HSG wohl in Zwickau schlagen würde – schließlich hatten sich die Blombergerinnen in der letzten Saison gegen die Aufsteiger aus Halle-Neustadt und Buchholz-Rosengarten mehr als schwer getan und Punkte liegenlassen, vom Pokal-Halbfinale gar nicht zu reden. Bis zur Sporthalle Neuplanitz waren es nur ein paar Kilometer. Schon beim Betreten der Halle war klar, dass das hier ein ganz anderes Ding werden würde als das Spiel gegen die Spreefüxxe vor gerade mal 121 Zuschauern: Die Zwickauer Fans waren zahlreich vertreten und hatten in Höhe der Mittellinie ein ganzes Arsenal von Trommeln, Fanfaren und anderen Lärminstrumenten aufgebaut. Die Stimmung war entsprechend gut – ganz offensichtlich rechneten sich die Gastgeber nach dem verdienten Sieg gegen die Werkselfen und der knappen Niederlage bei den Tussies auch gegen die HSG einiges aus, obwohl ihnen mit Torfrau Nele Kurzke eine Schlüsselspielerin fehlte. Doch auch mehrere HSG-Spielerinnen hatten familiäre Unterstützung bekommen, so dass die linke Tribünenecke fest in Blomberger Hand war!

Unser Team wollte offenbar erst gar keinen Zweifel über den Ausgang des Spiels aufkommen lassen und legte los wie die Feuerwehr. Die komfortable Halbzeitführung wurde nach der Pause zunächst weiter ausgebaut, bevor die Gastgeberinnen zum Ende des Spiels mit Unterstützung ihrer Fans noch etwas Ergebniskosmetik betreiben konnten. Der Auswärtssieg der HSG geriet aber niemals in Gefahr. Beide Fanlager gaben alles und sorgten bis zum Abpfiff für eine ordentliche Geräuschkulisse in der gut gefüllten Halle, wobei das nur ein ganz kleiner Vorgeschmack gewesen sein dürfte auf das, was die HSG-Spielerinnen beim Europapokal-Hinspiel in Vác erwartet …! Wir feierten jedenfalls den Auswärtssieg mit der Mannschaft, packten nach der Pressekonferenz unsere Sachen und machten uns nach einem erfolgreichen, langen und rundum gelungenen Tag auf die Heimfahrt nach Lippe.