Auswärts bei den Tigers
In der Waiblinger Rundsporthalle war bisher noch niemand von uns gewesen – und ausgerechnet zum HSG-Auswärtsspiel am 11. März bei den „Tigers“ vom VfL Waiblingen hatten wir keinen Bulli zur Verfügung! Zum Glück war Eckard bereit, mit dem PKW zu fahren, so dass wir uns zu fünft mit drei Trommeln an Bord gegen elf Uhr morgens auf den Weg machen konnten. Diesmal verzichteten wir ausnahmsweise auf ein Rahmenprogramm (Sorry Klaus – soll nicht wieder vorkommen …!) und fuhren direkt zum Spiel. Unterwegs machten wir wieder in der Nähe von Fulda Zwischenstation an einer Raststätte: Statt Frühstück hatte Monika diesmal leckeren Kartoffelsalat mit Buletten und Würstchen vorbereitet – vielen Dank dafür! Auf der Landstraße kurzvor Waiblingen hatten wir schließlich den „HSG-Express“ eingeholt, der fast zwei Stunden vor uns in Blomberg gestartet war.
Schon auf dem Parkplatz hinter der Halle kam uns mit Emma Hertha die erste „Blombergerin“ entgegen, die vor dieser Saison zu den Tigers gewechselt war. Kurz danach trafen wir vor dem Eingang noch Vivien David: Blombergs ehemalige Jugend-Torhüterin hatte schon vor einigen Jahren ebenfalls in Waiblingen angeheuert und spielt nach einer langwierigen Verletzung aktuell mit Zweitspielrecht für den TV Nellingen in der 3. Liga. Leen und seine Kollegin hatten freundlicherweise im Mannschaftsbus noch eine vierte Trommel für uns mitgebracht, die nicht mehr ins Auto passte und die wir nun vor der Halle in Empfang nahmen. In Waiblingen war an diesem Samstag „Großkampftag“ – vor den Bundesliga-Frauen spielte die 2. Männermannschaft und nach den „Tiger-Girls“ waren um 20 Uhr noch die Waiblinger Männer an der Reihe. Obwohl wir reichlich früh dran waren, kamen wir trotzdem unkompliziert schon in die Halle und konnten uns dort noch die letzten 20 Minuten vom Bezirksliga-Derby der Männer 2 gegen Winnenden ansehen.
Die Rundsporthalle Waiblingen, 1973 nach einer von einem Wiener Professor entwickelten Konstruktion erbaut, sieht von außen wie eine kleinere Version der Leverkusener Ostermann-Arena aus. Für bis zu 763 Zuschauer gibt es 483 Sitz- und 100 Stehplätze auf der festen Tribüne an einer Hallenseite sowie weitere 180 Sitzplätze auf mobilen Tribünen am Spielfeldrand. Insgesamt wurden in den Sechziger und Siebziger Jahren in Deutschland, Österreich und der Schweiz mehr als 70 Hallen dieser Art gebaut. Heute gelten sie als Energiefresser und sind bei den jeweiligen Kommunen eher unbeliebt. Wir fanden die 2017/18 umgebaute und sanierte Waiblinger Halle architektonisch interessant und gut in Schuss – mal was anderes als die üblichen Schulsporthallen! Nur die Einzelsitze mit Rückenlehnen gefielen uns Trommlern gar nicht: Es war fast unmöglich, der Trommel irgendeinen festen Halt zu geben, so dass sie auf der abgerundeten Oberkante der Lehne ständig wegrutschte.
Positiv zu erwähnen ist, dass sich der VfL Waiblingen – anders als die meisten übrigen Bundesligisten – noch zu jedem einzelnen Heimspiel den Luxus eines eigenen 40-seitigen Hochglanz-Hallenhefts leistet – und das zusätzlich zu einem dicken Saison-Heft (eher ein Buch!), das detailliert über alle Spielerinnen und Gegner informiert und an der Kasse erworben werden kann! Im Hallenheft Nr. 9 zum HSG-Spiel steht unter anderem folgender Absatz, der bei uns besonders gut ankam: „Am Samstag kehrt, wenn auch nur für einen Abend, ein in Waiblingen sicherlich noch bekanntes Gesicht in die Rundsporthalle zurück: Ann Kynast begeisterte eine Saison lang im Tigers-Trikot als „linke Klebe“ mit trockenen und knackigen Torwürfen aus dem rechten Rückraum. „Herzlich willkommen zurück, Ann!“ Trotz unserer frühzeitigen Ankunft waren wir weder die ersten noch die einzigen HSG-Fans in der Halle: Gleich mehrere Spielerinnen bekamen Unterstützung von ihren Familien und auch sonst war – neben unserem Vereinsmitglied „Fanbase Süd“ Markus Conrady aus Tübingen – noch der eine oder andere HSG-Anhänger nach Waiblingen gereist.
Unser Team legte zu Spielbeginn um 18 Uhr los wie die Feuerwehr und führte nach sechseinhalb Minuten bereits 0:5, ehe die Gastgeberinnen ihr erstes Tor erzielen konnten. Nach Mias 3:9 robbten sich die Tigers nach einer Viertelstunde zwar noch einmal bis auf 6:9 heran, aber mit dem 5:0-Lauf der HSG vom 7:12 zum 7:17 kurz vor bzw. nach der Halbzeitpause war das Spiel schon frühzeitig entschieden. Mit Niekes Flugeinlage zum 7:17, dem ersten Tor in Halbzeit zwei, lag die HSG erstmals mit zehn Toren vorn. Steffen Birkner begann früh mit dem Durchwechseln und der Spielstand pendelte von da an bis zum Ende meist zwischen zehn und elf Toren Vorsprung für die HSG. Garantinnen für den deutlichen 18:29-Sieg waren vor allem unsere beiden Torhüterinnen: Diesmal stand Zoe in der Startsieben, parierte unter anderem zwei von drei Tigers-Siebenmetern und wurde nach 46 Minuten von Melanie abgelöst. Beide hielten mehr als 50 % aller Würfe auf das Blomberger Gehäuse – eine unglaubliche Quote! Laura musste am Kreis diesmal durchspielen und war definitiv „on fire“ – zwölf Tore und kein einziger Fehlwurf sprechen da eine eindeutige Sprache. Darunter waren wieder mehrere Treffer ins leere Waiblinger Tor und das artistische 13:23, bei dem sie einen Abpraller im Flug gefühlt von unterhalb der Grasnarbe an der Torhüterin vorbei ins Tor schaufelte. Besonders gefreut hat uns auch, dass Nele ihre Spielzeit so gut nutzen konnte: Sie nahm jeden Zweikampf an, spazierte beim 7:13 übers halbe Spielfeld und durch die gesamte Tigers-Abwehr oder hämmerte beim 12:22 den Ball aus neun Metern unhaltbar oben in den Winkel. Man hat gesehen, wie wichtig sie für die Mannschaft ist. Bei Spielende waren von den HSG-Feldspielerinnen nur die beiden Rückraumrechten Laetitia und Ann ohne Torerfolg geblieben. Dass es trotzdem nicht zu einem Tor-Festival kam, lag neben den Torwartleistungen auf beiden Seiten auch an vielen Latten- und Pfostentreffern sowie einer höheren Fehlerquote in der 2. Halbzeit.
Unter den 479 Besuchern entdeckten wir auch den zukünftigen Waiblinger Trainer Aleksandar Knezevic, der bis 2021 bei den Göppinger Frisch Auf-Frauen tätig war und auch auf dem HSG-Mannschaftsfoto nach Spielende im Hintergrund hinter Leni Ruwe zu sehen ist. Gestaunt haben wir über den mehr als gut besuchten VIP-Bereich hinter einer Glasscheibe auf der gegenüber liegenden Hallenseite, den viele Gäste während des gesamten Spiels nicht verließen – zum Leidwesen der Heimmannschaft, die sich sicher etwas mehr Unterstützung von den Rängen gewünscht hätte. So waren unsere vier Trommeln, Klaus mit dem Mehrklang-Signalhorn und vor allem Lukas Tröte nicht nur im Livestream wesentlich lauter zu hören als die Waiblinger Fans.
Wie im Hinspiel in Blomberg, das mit einem 35:19-HSG-Sieg endete, hielt unsere Mannschaft den VfL Waiblingen erneut unter 20 Toren: War damals eine starke 2. Halbzeit entscheidend für den hohen Sieg gewesen, wurde diesmal der Grundstein dafür in der ersten Hälfte gelegt. Den Erfolg gegen diesen Gegner darf man natürlich nicht überbewerten, aber es gab viele gute Aktionen unseres Teams zu sehen, so dass sich die weite Fahrt definitiv gelohnt hat. Um halb zwei Uhr morgens waren wir schließlich wieder zurück und bedanken uns ganz herzlich bei unserem Fahrer Eckard, der diese gelungene Auswärtsfahrt überhaupt erst möglich gemacht hat!
Text und Fotos: Uwe Jakob