Zwei Punkte, viele Tore und ein seltsamer Zufall

Auswärtsfahrt nach Neckarsulm

Schon zum zweiten Mal im Jahr 2024 machten wir uns an einem Sonntagmorgen auf den weiten Weg nach Neckarsulm – diesmal mit dem Dux-Bulli, zu fünft und mit zwei Trommeln, einer Snare und einer Tröte im Gepäck. Nach den beiden Niederlagen gegen die Sport-Union in der Vorsaison trat der eine oder andere die Fahrt mit gemischten Gefühlen an. Auch die Auswärtsspiel-Statistik der neuen Saison sah mit nur einem Sieg gegen den Viertligisten aus Norderstedt und drei verlorenen Spielen in Zwickau, Dortmund und Belgrad nicht gerade gut aus. Andererseits war nach dem etwas holprigen Saisonstart im September der Monat Oktober für die HSG bisher ganz nach Wunsch verlaufen, denn sowohl national als auch europäisch war man im Pokalwettbewerb eine Runde weitergekommen und auch das bisher einzige Ligaspiel des Monats gegen Metzingen wurde gewonnen.

Dieses Mal verzichteten wir auf ein Rahmenprogramm, kamen aber mit der Fanbase-üblichen Frühstückspause (danke, Monika!) sehr gut und staufrei auf allen Autobahnen durch und waren sogar kurz vor dem „HSG-Express“ an der Neckarsulmer Ballei. Wie im Januar blieb also noch Zeit für einen kurzen Besuch auf ein Kaltgetränk und eine leckere Brezel im Brauhaus direkt gegenüber der Halle – oder sollte das vielleicht ein böses Omen sein? Hier stießen auch unsere Mitglieder Leen und Rüdiger zu uns, nachdem sie den Mannschaftsbus geparkt hatten. Für abergläubische Fanbase-Mitglieder ließ die Kellnerin extra noch ein Tablett fallen – Scherben bringen ja bekanntlich Glück. Was sollte heute also noch schiefgehen?

Gut, dass Axel uns vorab angemeldet hatte, denn alle Sitzplätze in der Ballei waren diesmal ausverkauft. Unter den 1.014 Zuschauern waren viele Schulkinder der 5. Klassen eines Neckarsulmer Gymnasiums. Auch Leens üblicher Platz als Wischer am Spielfeldrand war diesmal leider bereits von örtlichem Fachpersonal besetzt, deshalb nahm er mit Rüdiger im Hintergrund vor dem Hallenfenster Platz. Von dort hatte er das Geschehen rund um den Wischerplatz jederzeit im Blick, um bei einem Ausfall sofort einspringen zu können – doch seine Dienste wurden an diesem Sonntag nicht benötigt.

Damit kommen wir zum Spiel: Es hat sicher noch niemand statistisch ausgewertet, aber gefühlt in der deutlichen Mehrzahl der Matches erzielt das erste Tor nicht die HSG, sondern der Gegner – ganz egal wer Anwurf hat! Zumindest war das in dieser Saison in den Ligaspielen gegen Leverkusen, Dortmund und Metzingen wie auch in beiden EHF-Partien gegen Belgrad so. Diesmal aber ging die HSG durch Niekes Treffer in Führung und legte sofort nach – nach acht Minuten führte sie mit 1:4. Nach Onas Siebenmetertor zum 4:9 folgte zur Mitte der 1. Halbzeit eine kurze HSG-Schwächephase, in der die Gastgeberinnen bis auf zwei Tore herankamen, aber nach 20 Minuten lag die HSG beim 7:13 wieder deutlich vorn. Sie profitierte dabei mit sechs Tempogegenstoß-Toren und einem Treffer ins leere Tor schon in der 1. Halbzeit von vielen Ballverlusten und Fehlwürfen der Sport-Union. Die letzte Szene vor der Pause war irgendwie typisch für das ganze Spiel: Nach Kim Hinkelmanns SUN-Treffer zum 12:17 blieben nur noch wenige Sekunden, aber die HSG war hellwach und reaktionsschnell. Eine tolle isländische Co-Produktion mit Zuspiel von Diana auf die von hinten heraneilende Andrea brachte zwei Sekunden vor dem Halbzeitpfiff den Pausenstand von 12:18 mit einer relativ beruhigenden Sechs-Tore-Führung. Zum Vergleich: Im Januar lag die HSG beim 16:11 zur Halbzeit bereits mit fünf Toren zurück.

In Halbzeit zwei machte die HSG dort weiter, wo sie vor der Pause aufgehört hatte: Mit den ersten beiden Treffern baute Diana, die zielsicher Lücken in der SUN-Abwehr nutzte, die HSG-Führung weiter aus. Nach einer Auszeit beim Stand von 17:26 in der 39. Minute stellte die Heimmannschaft auf 7 gegen 6 um und nahm Nieke in kurze Deckung. Bei der HSG kam nun Ona, die bis dahin bereits sechsmal von der Siebenmetermarke getroffen hatte, für Alexia ins Spiel – und startete gleich richtig durch: Bei ihrer ersten Aktion umkurvte sie von Linksaußen in unglaublicher Geschwindigkeit die gesamte rechte Abwehrseite der SUN und netzte von der Mitte zum 18:27 ein. Kurz danach folgte ihr spektakulärer Dreher von außen zum 19:28. Zehn Minuten vor Spielende hatte die SUN noch einmal die Chance, den Rückstand auf vier Tore zu verkürzen, doch ein Lattentreffer verhinderte das und brachte die HSG endgültig auf die Siegerstraße. Die letzten beiden Neckarsulmer Tore erzielte Blombergs ehemalige Kreisläuferin Stefanie Kaiser, bevor Lisa Rajes mit ihrem Tor zum 31:37-Endstand den Deckel auf den HSG-Sieg draufmachte. So gut wie alle Blomberger Feldspielerinnen standen auf der Torschützenliste und alle hatten ihren Teil zum deutlichen und verdienten Auswärtssieg beigetragen.

Entsprechend zufrieden war Steffen Birkner nach dem Spiel. Auf der Pressekonferenz bekamen sogar die beiden Schiedsrichter für ihre klare Linie, bei der sie vieles weiterlaufen ließen, gleichzeitig aber bei groben Regelverstößen nicht mit Zeitstrafen und Siebenmetern geizten, von ihm ein ausdrückliches Lob – dem wir uns nur anschließen können. Danach wurden die zwei mit Abstand besten Torschützinnen mit jeweils 10 Treffern, Ona und die SUN-Rechtsaußen Vasiliki Gkatziou, noch als „Spielerinnen des Spiels“ ausgezeichnet und erhielten Gutscheine. Ona wurde später auch in Blomberg zum „Player of the match“ ernannt.  

Kaum hatten wir unser Orchester und die zwei Auswärtspunkte im Dux-Bulli verstaut, da kamen auch schon unsere beiden zusätzlichen Fahrgäste: Bis zum Flughafen Frankfurt nahmen wir unsere zwei isländischen Nationalspielerinnen Diana und Andrea mit, die von dort zu ihrem Nationalteam nach Reykjavik flogen. Dort stehen neben einem Lehrgang auch zwei Testspiele gegen Polen auf dem Programm. Nach einer unterhaltsamen Rückfahrt, bei der wir unter anderem einiges über Island erfahren haben, setzten wir Diana und Andrea mit reichlich Zeit zum Check-In  am Flughafen-Terminal 1 ab. Kurz hinter Gießen machten wir noch einmal eine Pause und waren schließlich gegen 23.30 Uhr wieder zurück in Blomberg.

Was für ein seltsamer Zufall: Nach dem erfolgreichen Oktober wartet im November ein quasi identisches Programm wie im Vormonat auf die HSG, nur mit anderen Gegnern: zunächst ein Heim-, später ein Auswärtsspiel in der HBF, dazu ein Heimspiel im DHB-Pokal und zuerst die Heim-, dann die Auswärtspartie in der European League-Qualifikation. Wenn sich jetzt noch die Ergebnisse vom Oktober wiederholen ließen …

Text und Fotos: Uwe Jakob