„You’ll never walk alone“ – zu viert nach Göppingen

Letzten Sommer sorgte der Spielplan der Saison 2019/20 für lange Gesichter: Das HSG-Auswärtsspiel gegen die FrischAuf-Frauen aus Göppingen 40 km östlich von Stuttgart war auf den 14. Februar 2020 um 19 Uhr terminiert worden – einen Freitagabend! In Göppingen hatten in der vergangenen Saison Ulrich und Stefan an einem Samstag im Januar trotz Wintereinbruch gemeinsam mit Markus Conrady alias „Fanbase-Süd“ unser Team beim Auswärtssieg unterstützt. Diesmal war lange ungewiss, ob sich erneut eine Fanbase-Abordnung auf den weiten Weg machen könnte, aber zwischen Weihnachten und Neujahr fanden sich zunächst zwei, wenig später dann vier Fanbase-Mitglieder zu einer Fahrgemeinschaft zusammen und begannen mit der Planung einer Zweitagesfahrt auf die Schwäbische Alb.

 

Zwei von uns hatten am Freitag erst noch einige Stunden gearbeitet, bevor wir uns alle um 10 Uhr morgens bei Monika trafen und von dort mit dem PKW starteten. Monika hatte auch diesmal wieder mit selbstgemachtem Kartoffelsalat und Buletten hervorragend für das leibliche Wohl aller Mitfahrer gesorgt. Erstaunt stellten wir fest, dass die A7 Richtung Süden fest in niederländischer Hand war – offensichtlich treibt eine unstillbare Sehnsucht nach den Bergen unsere Nachbarn um diese Jahreszeit kollektiv zum Skifahren in Richtung Alpen! Zum Glück war das Wetter diesmal weitaus weniger winterlich als im Vorjahr. Weil das Navi gleich zwei Staus meldete, verließen wir schon etwas eher als geplant die Autobahn und legten die letzten Kilometer auf mehr oder weniger schmalen und kurvenreichen Landstraßen der Schwäbischen Alb zurück, bis wir gegen 16.15 Uhr unser kleines Landhotel in Süßen, etwa 8 km von Göppingen entfernt, erreichten. Nach dem Einchecken und einem kleinen Spaziergang ins Ortszentrum und zurück machten wir uns auf zur Göppinger EWS-Arena, wo wir gut eine Stunde vor Spielbeginn sogar noch kurz vor der Mannschaft eintrafen: Der HSG-Express hatte in einem der Staus gestanden, die wir erfolgreich umfahren hatten – auf „unserer“ Strecke wäre der große Reisebus allerdings niemals durchgekommen.

 

Vor der EWS-Arena bekamen wir wie verabredet auch in diesem Jahr Verstärkung von Markus Conrady und seinem Sohn, so dass wir nun schon zu sechst waren – HSG-Fans sind überall! In der Halle bezogen wir unsere Plätze, hängten das Fanbase-Plakat ordnungsgemäß auf, machten einige Gruppenfotos und begutachteten dann das Gebäude und sein kulinarisches Angebot etwas näher. Der EWS-Arena sieht man von innen nicht an, dass sie für Handballspiele 4.100 Sitz- und weitere 1.500 Stehplätze bietet: Durch die traditionellen Holzbänke statt Einzel-Schalensitzen wie z.B. in Lemgo wirkt die Halle viel kleiner. Bei unserem Spiel verliefen sich dort allerdings gerade einmal 563 Zuschauer, „davon sechs Bensheimer“, wie uns der Göppinger Livestream-Kommentator (und Stadionsprecher des VfB Stuttgart) Holger Laser bezeichnete. Na, immerhin wurden wir mal erwähnt …

 

Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt: Nach etwas schleppendem Beginn nahm  unser Team schnell Fahrt auf und setzte sich mit mehreren Toren ab; dieser Vorsprung sollte bis zum Spielende halten. Neben der starken Angriffs- und Abwehrleistung von Isabelle Jongenelen, die Steffen Birkner in der Pressekonferenz nach dem Spiel  zurecht besonders hervorhob, machte auch unser Youngster Emelyn van Wingerden auf Rechtsaußen ein richtig gutes Spiel, fing in der Abwehr mehrmals Göppinger Bälle ab und warf drei schöne Tore. Auch wenn Ketsch in der zweiten Halbzeit immer mal wieder kurz im einen oder anderen Hinterkopf auftauchte, hatten wir doch diesmal nie das Gefühl, dass hier noch etwas anbrennen könnte. Trotz kleiner Besetzung mit nur zwei Trommeln und einem Mehrklang-Signalhorn hielten wir im Rahmen unserer Möglichkeiten gegen die Göppinger Übermacht an Mensch und Material auf der Tribüne gegenüber gut mit – besonders Klaus an der Tröte machte einen Riesenjob!

 

Nach dem Spiel gratulierten wir zunächst unserer Mannschaft zum verdienten Auswärtssieg, packten dann unsere Sachen und hörten uns noch die kurze Pressekonferenz an. Dort bekamen wir von einem netten Göppinger Ehepaar den Tipp, anschließend zum Essen in einer Brauerei-Gaststätte in der Altstadt einzukehren – eine prima Empfehlung: Zur leckeren schwäbischen Küche schmeckte uns das bayrische Bier vorzüglich, während wir das Spiel genüsslich noch einmal Revue passieren ließen. So langsam machte sich bei uns allen allerdings der lange und anstrengende Tag bemerkbar, so dass wir schon gegen halb zwölf wieder in unserem Hotel in Süßen ankamen.

 

Zum ausgiebigen Frühstück am Samstagmorgen lasen wir erst mal den Spielbericht in der örtlichen „Südwest-Presse“ und amüsierten uns besonders über die Formulierung „die überfallartigen Angriffe der HSG“. Wegen des strahlenden Sonnenscheins beschlossen wir spontan, nicht direkt nach Blomberg zurückzufahren, sondern den Tag noch für einen kleinen Zwischenstopp in Rothenburg ob der Tauber zu nutzen, das an der A7 direkt auf unserem Weg lag. Das war eine sehr gute Idee, denn der mittelalterliche Ort mit 11.000 Einwohnern gehört zu den meistbesuchten Kleinstädten Deutschlands und zieht viele ausländische Touristen besonders aus Asien und den USA an. Nachdem wir einen Teil der Altstadt auf dem überdachten Wehrgang der etwa 3,5 km langen Stadtmauer umrundet hatten, schlenderten wir gemütlich über das Kopfsteinpflaster der schmalen Gassen zum Marktplatz. Dort machten sich zwei von uns auf zur Besteigung des 60 m hohen Rathausturms, der es in sich hatte: Die letzten der insgesamt 220 immer enger werdenden Stufen führten auf einer schmalen Leiter fast senkrecht durch eine kleine Luke zur winzigen Plattform in 52 m Höhe. Aber der Blick vom höchsten Aussichtspunkt der Stadt war absolut grandios und entschädigte für den mühsamen Auf- und Abstieg. Währenddessen ließen sich unsere anderen beiden Mitfahrer den Kaffee bzw. Tee in der Sonne auf dem Marktplatz schmecken.

 

Nach gut zwei Stunden traten wir schließlich den Heimweg an und freuten uns, dass wir auch diesmal unsere Auswärtsfahrt wieder mit etwas Sightseeing kombinieren konnten. Bei einer kleinen Pause unterwegs machten wir Monikas restlichen Reiseproviant vom Vortag platt und waren gegen 17.45 Uhr wieder in Blomberg. Wir Mitfahrer bedanken uns herzlich bei unserem Fahrer Eckard, der uns souverän über alle Autobahnen und die aussichtsreichen Höhenstrecken der Schwäbischen Alb chauffiert hat und ohne den diese voll und ganz gelungene Auswärtsfahrt nicht möglich gewesen wäre.

 

(Fotos und Bericht: Uwe Jakob)