„Berlin – Berlin – wir fahren nach Berlin!“

Auf zu den Spreefüxxen.

Da hatte es die Losfee Merle Albers am 31. August doch mal gut mit uns gemeint: Bei der Auslosung zur zweiten DHB-Pokalrunde bescherte uns die Dortmunder U17-Nationalspielerin nicht etwa den THC, sondern den ambitionierten Zweitligisten Füchse Berlin, die sich selbst „Spreefüxxe“ nennen. Im Nu fanden sich unter den Fanbase-Mitgliedern elf Reisewillige, die am Wochenende 2./3. Oktober nichts Besseres vorhatten, als unser Team in der deutschen Hauptstadt zu unterstützen. Anders als im DFB-Pokal würden wir also schon vor dem Finale nach Berlin fahren, und das diesmal ganz stress- und staufrei mit der Deutschen Bahn. Möglich machte das Fanbase-Mitglied Leen, der unsere Trommeln im „HSG-Express“-Mannschaftsbus mit nach Berlin und zurück nahm – hartelijk bedankt, Leen! Auch ein Hotel – oder besser: das einzige Hotel – in der Nähe des Horst-Korber-Sportzentrums beim Olympiastadion war schnell gefunden und gebucht. Als die Spreefüxxe das Spiel dann eine Woche vor Anwurf in ihre eigentliche Heimspielstätte, die Charlottenburger Sömmeringhalle, verlegten und dieses Hotel plötzlich weitab vom Schuss lag, konnte das unsere Vorfreude nur kurz dämpfen.

Samstag früh ging’s noch bei Dunkelheit am Bahnhof Schieder los, zunächst nach Hannover. Nach dem Umsteigen in den ICE legte die Bahn eine Schippe drauf, und pünktlich um viertel nach zehn standen wir am Berliner Hauptbahnhof, wo unser Gepäck in zwei Schließfächern landete. Wir hatten vorab zwei Tage Sonnenschein bestellt, und tatsächlich war der Himmel bis zur Abfahrt am Sonntagabend fast durchgehend blau. Unser erster Weg führte vom Hauptbahnhof vorbei am Kanzleramt und Reichstagsgebäude zum Fotostopp am Brandenburger Tor. Von dort nahmen wir die U-Bahn zum Mauermuseum am „Checkpoint Charlie“, dem ehemaligen Grenzübergang nach Ostberlin. Hier wurden unter anderem die abenteuerlichen und gefährlichen, manchmal auch spektakulären Fluchtwege von DDR-Bürgern dokumentiert. Nach diesem intensiven Ausflug in die gar nicht so ferne deutsch/deutsche Vergangenheit machten wir uns zu Fuß auf zum Alexanderplatz, vorbei an vielen Berliner Sehenswürdigkeiten. Die Besucherschlange vor dem Funkturm am „Alex“ war leider zu lang für unseren Zeitplan, und so kehrten wir gegen 16 Uhr zunächst zum Hauptbahnhof zurück, holten unser Gepäck und nahmen die S-Bahn zum Hotel. Nach dem Einchecken und der Fahrt mit S- und U-Bahn nach Berlin-Charlottenburg übernahmen wir am Mannschaftsbus unsere Trommeln, gingen zur Sömmeringhalle und bereiteten uns auf das Spiel vor.

Alles zum Spielverlauf kann man an anderer Stelle auf der HSG-Website nachlesen. Wir fanden es super, dass die Mannschaft direkt neben der Blomberger Bank Neles Trikot mit der Nummer „21“ platziert hatte und Nele auf diese Weise auch beim obligatorischen Mannschaftsfoto nach dem Abpfiff dabei war. Bemerkenswert: Bei den Spreefüxxen spielt mit der erst 15-jährigen Leoni Baßiner ein großes Talent im deutschen Frauenhandball, das die HSG-Abwehr bisweilen ganz schön in Bewegung brachte. Auch wenn sich nur wenige Zuschauer in die Halle verirrt hatten, sorgten insgesamt 16 (!) Trommeln und Snares, gleichmäßig verteilt auf beide Fanlager, für eine mehr als ordentliche Geräuschkulisse – mit anderen Worten: Es war laut wie in einer ausverkauften Halle! Apropos Zuschauer: Das Spiel und die Leistung der Spreefüxxe hätten nun wirklich mehr als die gerade mal 121 zahlenden Gäste verdient gehabt, von denen noch rund ein Drittel Fans, Familienangehörige und Freunde der HSG waren. Auch zu den meisten anderen Pokalspielen des Wochenendes kamen weniger als 200 Zuschauer – viele Fans bevorzugen im Moment offenbar den kostenlosen Livestream im heimischen Wohnzimmer. Der Weg zurück zur Normalität ist weit …

Beinahe wären es sogar noch zwei Zuschauer weniger gewesen, denn zwei von uns hatten zwar ihre gelben Impfpässe, aber keinen digitalen Impfnachweis mit QR-Code dabei. Der ist nach einem „Alleingang“ des Berliner Senats seit dem 26. September im Bundesland Berlin – und nur dort – erforderlich. Eine Dreiviertelstunde vor Spielbeginn an einem Samstagabend war guter Rat teuer, aber zum Glück kommen zum Handball lauter nette, hilfsbereite Menschen: Ein Fan der Spreefüxxe hatte dasselbe Problem, und seine Freundin lud die zwei HSG-Anhänger einfach mit in ihr Auto und fuhr sie zu einem Corona-Testzentrum, das um die Zeit noch geöffnet hatte. Auf dem Rückweg zur Sömmeringhalle erhielten alle drei ihre negativen Testergebnisse aufs Handy und waren so gerade noch rechtzeitig zum Anwurf auf ihren Plätzen. Auf diesem Weg nochmal ein riesiges Dankeschön von uns allen – das war große Klasse!

Nach Spielende tranken wir vor dem Halleneingang erst mal ein „Feierabendbier“ auf den Sieg: In der Halle gab es zwar keinen Getränkeausschank, aber der nächste Supermarkt direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite hatte ja noch geöffnet. Als unsere Trommeln wieder im Laderaum des „HSG-Express“ verstaut waren, wurde es höchste Zeit, etwas gegen den Hunger zu unternehmen. Die Suche nach einem Lokal gestaltete sich etwas schwieriger als erwartet, doch am Ende schmeckte das Essen allen vorzüglich und etwas fußlahm, dafür aber gut gesättigt fuhren wir zurück in unser Hotel. Nun zahlte sich die Lage weitab vom Stadtzentrum aus: Die Nacht dort war himmlisch ruhig und erholsam.

Nach dem ausgiebigen Hotelfrühstück am Sonntagmorgen nahmen wir wieder die S-Bahn zum Hauptbahnhof und deponierten dort erneut unser Gepäck. Anschließend teilten wir uns auf: Während die einen den Tag ruhig angingen oder sich mit einem alten Schulfreund trafen, machte sich der Rest auf zu einem Bummel über den Kurfürstendamm, besuchte das Hard Rock Café und gönnte sich (noch) eine leckere Berliner Currywurst am Bahnhof Zoo. Zurück am Reichstagsufer folgte am Nachmittag der letzte Programmpunkt, eine zweieinhalbstündige Schiffsrundfahrt auf der Spree zwischen Mühlendammschleuse und Schloss Charlottenburg. Ganz entspannt ließen wir viele Sehenswürdigkeiten Berlins nochmals vom Wasser aus an uns vorbeiziehen. Bei Einbruch der Dunkelheit verabschiedeten wir uns schließlich nach zwei aufregenden Tagen von Berlin und fuhren über Hannover wieder in die Heimat zurück. Alle Mitfahrer drücken ab sofort den Spreefüxxen sämtliche vorhandenen Daumen für den angepeilten Aufstieg in die 1. Liga, damit es schon bald wieder heißt: „Wir fahren nach Berlin!“.

Text: Uwe Jakob
Fotos: Uwe Jacob, Katrin Merz