EHF Finals – Das Saison-Highlight in Graz (Teil 2)

Entweder zu Fuß oder mit dem Taxi ging es am Samstagabend nach Ende des zweiten Halbfinals zurück in unser Hotel. Zum Essen hatten wir uns einen Tisch für neun Personen im Gösser- Brauhaus reserviert, das ebenfalls nicht sehr weit vom Motel One entfernt war. Dort feierte man gerade das 20-jährige Jubiläum, mit Preisen wie vor 20 Jahren für ausgewählte Speisen und Getränke – da lachte das Herz des Lippers!

Nach dem Essen gönnten wir uns noch eine oder zwei Runden Steirischer Maschanzker (Apfelbrand) – lecker! Neben einer größeren Fangruppe aus Dijon war übrigens auch der HSG- Staff an diesem Abend im Lokal, saß allerdings in einem anderen Bereich. Auf dem Rückweg kamen viele von uns einfach nicht an der rappelvollen Bar „UI“ vor unserem Hotel vorbei, so dass wir auch hier noch mal die Lage peilen und nach dem Rechten sehen mussten. Zwei HSG-Fans sollen danach auch noch in der „Mausefalle“ gesichtet worden sein („links Schlager, rechts Techno“) – gesicherte Erkenntnisse hierzu gibt es allerdings nicht.

Am Sonntagmorgen liefen die meisten von uns – mehr oder weniger ausgeschlafen – beim Frühstück auf – nur einer fehlte, allerdings entschuldigt. Zu fünft machten wir uns anschließend bei wiederum schönstem Wetter noch mal auf in die Innenstadt, nahmen diesmal aber einen anderen Weg als am Vortag. Immer wieder kamen wir dabei an tollen alten Häuserfassaden vorbei.

Es stimmt übrigens nicht so ganz, dass nirgends in der Stadt für das Event im Raiffeisen- Sportpark „geworben“ wurde: Ein findiger Grazer Geschäftsinhaber, dem am Vortag wohl die überall durch die Stadt ziehenden THC-Fans aufgefallen waren, hatte daraufhin sein Lokal am Schloßbergplatz kurzerhand in „Handballbar“ umbenannt.

Nachdem wir uns dort gestärkt hatten, fuhren wir mit dem Schloßberglift nach oben und sahen uns noch einige Ecken auf dem Berg an, die uns am Vortag entgangen waren, darunter das imposante Graz Museum Schloßberg.

Anschließend ging es mit dem Lift wieder nach unten, aber zunächst nur bis zur Zwischenstation „The Flight Graz“: Mitten im Schloßberg wurde 2022 ein kleiner Kinosaal mit 18 Plätzen in den Fels gehauen, wo seitdem viermal pro Stunde ein zehnminütiger 4D-Film einen Rundflug quer durch bzw. über Graz aus der Perspektive einer Fliege zeigt. Bewegliche Sessel und Effekte wie Wind, Regen und Seifenblasen sorgen zusammen mit dramatischer Musik für ein tolles Rundum- Erlebnis – wir waren jedenfalls begeistert! Zurück auf dem Schloßbergplatz wurde es langsam Zeit für den Rückweg zum Hotel.

Auch an diesem Tag starteten die zwei Spiele – zuerst das Spiel um Platz drei, dann das Finale – wieder um 15 bzw. 18 Uhr. Die Tribünen waren nicht besser gefüllt als am Samstag. Dieser Blick in den Blomberger Fanblock mit den weiß gekleideten Dijon-Fans im Hintergrund zeigt, dass die Halle gerade auf unserer Seite doch sehr leer war – und die Tribünen hinter beiden Toren waren an beiden Tagen komplett unbesetzt!

Welches der zwei Teams würde nach den Niederlagen vom Vortag den Schalter umlegen und sich für das Spiel um Platz drei noch einmal motivieren können? Zunächst sah alles danach aus, als ob dies die Französinnen wären, denn wie schon gegen Ikast lag die HSG auch gegen sie von Anfang an zurück. Nach Laetitias 7:8-Anschlusstreffer in der 19. Minute zog Dijon dann vorentscheidend mit einem 7:0-Lauf bis auf 7:15 auf und davon; nach etwas Ergebniskosmetik stand es zur Halbzeit 10:16. Während der Pause schien aber irgendwie ein Ruck durch die Mannschaft gegangen zu sein, denn ab der 33. Minute holte die HSG Tor um Tor auf und war in Minute 45 beim 21:22 plötzlich wieder bis auf einen Treffer „dran“. Nach Lisa Freys Doppelschlag zum 23:24 gut drei Minuten später lag der Ausgleich erneut in der Luft – fallen wollte er aber einfach nicht. Stattdessen zog Dijon wieder bis auf drei Tore Vorsprung davon, und näher als bis auf zwei Treffer kam Blomberg danach nicht mehr. In den letzten Spielminuten musste die HSG dann alles riskieren und fing sich noch eine Reihe von Gegentreffern ein; die 27:32-Niederlage fiel deshalb am Ende um ein paar Tore zu hoch aus. Zum Schluss noch ein Insider-Service für alle Dijon-Fahrer: Nina Dury erzielte in diesem Spiel drei Treffer, Lilou Pintat fünf und Mathilde Plotton einen. Na denn: Allez!

Direkt nach Spielende stellten sich die zwei Teams auf beiden Seiten der Mittellinie zur Siegerehrung auf.

Auch für die viertplazierte HSG gab es Medaillen – Laura hat uns hinterher ihre gezeigt und zumindest auf den ersten Blick war eigentlich kein Unterschied zu einer Bronzemedaille für Platz drei zu erkennen …

Auch wenn die Enttäuschung im ersten Moment sicher groß war: Die im Laufe des Wettbewerbs ausgeschiedenen Teams aus Metzingen, Dortmund und Bensheim wären sicher froh gewesen, überhaupt so weit zu kommen, wie es die HSG geschafft hat. Mit etwas Abstand überwiegt ganz eindeutig die Freude über diesen größten Erfolg der Vereinsgeschichte in einer historischen Saison, und das alles trotz der vielen verletzungsbedingten Rückschläge.

Ein handballerischer Leckerbissen (der einzige an diesem Wochenende) wartete aber noch auf uns, nämlich das Finale zwischen dem THC und Ikast. Fast drei Viertel der Spielzeit lagen die Däninnen vorn, aber am Ende gewann der THC nach zwischenzeitlicher Fünf-Tore-Führung mit 34:32 und sicherte sich so den Titel. Mit ausschlaggebend war, dass der dänische Trainer einen unnötigen Torhüterinnen-Wechsel vornahm und dann mit der Rückwechselung viel zu lange wartete. In dieser Zeit drehte der THC, bei dem Dinah Eckerle im Tor in ihrem letzten internationalen Spiel noch einmal ihr ganzes Können zeigte, das Spiel und ging durch Johanna Reicherts 25:24 in der 43. Minute erstmals seit dem 1:0 wieder in Führung. Gleichzeitig schwächte die rote Karte gegen Ikasts Kreisläuferin Maria Lykkegaard vor allem die dänische Abwehr. Neben Dinah Eckerle ragten beim THC wieder einmal Johanna Reichert (diesmal „nur“ 13 Tore) und die quirlige Japanerin Natsuki Aizawa heraus. Beide Teams spielten wie schon am Vortag auf einem deutlich höheren Niveau als Blomberg und Dijon und lieferten sich einen packenden Kampf.

Im Anschluss an die Siegerehrung verabschiedeten wir uns aus dem Raiffeisen-Sportpark, wo das Team und die Fans aus Dijon an der Bar gerade zum Aperitif übergingen. Auch wir bekamen langsam Hunger: Nach zweimal österreichisch-steirischer Küche an Freitag- und Samstagabend ging es in der bewährten Neuner-Besetzung diesmal zu einer kleinen und unscheinbaren, aber top bewerteten „Burgerschmiede“ nur ein paar Schritte von unserem Hotel entfernt.

Auch wenn der Feierabend des Küchenchefs nahte und man uns deshalb etwas zur Eile antrieb, schmeckten uns seine raffinierten Kreationen – Lichtjahre vom Fast Food-Image des Hamburgers entfernt – hervorragend. Da wir am nächsten Morgen schon zeitig zum Bahnhof aufbrechen mussten, wurde es an diesem Abend nicht so spät und wir waren schon gegen 23 Uhr zurück im Hotel.

Am Montagmorgen um sechs Uhr trafen wir uns alle ein letztes Mal in der Lobby zum Frühstück – auch Ute und Helene waren extra für uns früh aufgestanden, obwohl ihre Flieger erst viel später am Vormittag starteten. Der Regen passte irgendwie zur Abschiedsstimmung. Diesmal fuhren wir alle in zwei Taxis zum Bahnhof – laufen wollte bei dem Wetter niemand! Aus unserem ersten Zug nach Salzburg war wegen des trüben Wetters von der schönen Landschaft mit den Wintersportorten Schladming und Bischofshofen nicht viel zu sehen. Außerdem hielten ÖBB und DB auch auf der Rückfahrt wieder einige Herausforderungen für uns bereit: Schon der erste Zug kämpfte zunehmend mit Verspätungen, so dass unsere Umsteigezeit in Salzburg immer kürzer wurde. Am Ende blieben uns nur drei Minuten, um aus dem Zug und von Gleis 6 zu Gleis 3 zu kommen. Das klappte gerade noch – und es ging so weiter: Unsere nächste Verbindung nach München musste wegen eines medizinischen Notfalls an Bord mit Notarzteinsatz die Fahrt längere Zeit in Prien am Chiemsee unterbrechen. Zum Glück konnten wir hier in einen Zug auf dem Nachbargleis umsteigen, der ebenfalls nach München fuhr. Nach einem längeren „Spaziergang“ mit Gepäck im Eiltempo einmal durch den gesamten Münchener Hauptbahnhof erwischten wir unseren ICE nach Hannover noch und hatten damit das Schlimmste überstanden. Auch die vielgescholtene S5 erwies sich auf der Rückfahrt erneut als Vorbild an Zuverlässigkeit und brachte uns pünktlich um 20.09 Uhr zurück zum Bahnhof Schieder.

Damit endete die mit vier Tagen längste Auswärtsfahrt der Fanbase-Geschichte. Lässt man das rein sportliche Ergebnis und den fehlenden Event-Charakter der Veranstaltung mal außen vor, war die Tour mit vielen gemeinsamen Erlebnissen ein absolutes Highlight, an das sich alle Mitfahrer noch sehr lange erinnern werden. Vor dem regnerischen Rückreise-Montag hatten wir drei Tage lang wunderbares Frühlingswetter, und Graz ist eine schöne Stadt mit vielen Sehenswürdigkeiten und hohem Freizeitwert, in der man wirklich hervorragend essen und trinken kann. Die „Road to Graz“ ist lang – aber wir würden sie jederzeit wieder nehmen!

Text und Fotos: Uwe Jakob

EHF Finals – Das Saison-Highlight in Graz (Teil 1)

Nachdem sich die HSG gegen das spanische Team aus Bera Bera in einer wahren Zitterpartie mit Siebenmeterwerfen tatsächlich für die EHF Finals am 3. und 4. Mai in Graz qualifiziert hatte, war klar, dass sie dort Unterstützung brauchen würde – erst recht, nachdem als Halbfinalgegner der dänische Titelfavorit Ikast Håndbold zugelost worden war. Die beiden „alten Bekannten“ Thüringer HC und JDA Bourgogne Dijon komplettierten das Teilnehmerfeld und trafen im zweiten Halbfinale aufeinander.

Der Weg nach Graz ist weit, so dass wir vier volle Tage mit drei Hotelübernachtungen unterwegs sein würden und – zumindest die Noch-nicht-Rentner – zwei Urlaubstage (Freitag und Montag) opfern müssten. Vor diesem Hintergrund fanden sich unter den Fanbase-Mitgliedern sieben Mitfahrer. Für die An- und Abreise nahmen wir wieder die Bahn und in Graz buchten wir uns ein bezahlbares Hotel am Rand der Altstadt, in fußläufiger Entfernung sowohl zum Bahnhof als auch zur Spielstätte, dem Raiffeisen-Sportpark. Unsere drei großen Trommeln reisten übrigens mit der Mannschaft im „HSG-Express“ nach Graz und zurück, wurden vom Team bis in die Halle gebracht und „übernachteten“ zwischen den beiden Spieltagen in der Mannschaftskabine – dafür ein ganz großes Dankeschön!

Schon vor der Abreise am Freitagmorgen hatte uns die Bahn mit einer Vollsperrung auf der Strecke Altenbeken-Kassel erfreut, so dass wir unseren Abfahrtsort ändern und auf die ungeliebte S5 von Schieder nach Hannover ausweichen mussten. Statt in Kassel-Wilhelmshöhe stiegen wir also schon dort in den ICE Hamburg-Wien um, den wir bereits von unserer Fahrt nach Mosonmagyaróvár kannten. Je später und wärmer es wurde, umso deutlicher spürte man in unserem vorderen Zugteil, dass die Klimaanlage nicht funktionierte. Bei der Zugteilung in Passau (ja, schon wieder in Passau!) kam es, wie es kommen musste: Statt unseres Zugteils sollte nun der andere, hintere Teil nach Wien weiterfahren. Also alle raus aus dem Zug, einmal mitsamt Gepäck den Bahnsteig entlang und ab in den hinteren Zugteil. Das dauerte seine Zeit, und unsere eigentlich großzügigen 29 Minuten Umsteigezeit in Linz waren fast komplett dahin. Nach einigen „Verhandlungen“ wartete unser Anschlusszug nach Graz schließlich aber einige Minuten, bis alle Fahrgäste aus-, um- und wieder eingestiegen waren. Die folgenden gut drei Stunden Bahnfahrt bei schönstem Wetter entschädigten dann aber mit tollen Ausblicken auf die oberösterreichischen Voralpen für die ganzen Strapazen.

Etwa auf halber Strecke zwischen Linz und Graz steht im Bahnhof Selzthal eine alte, als Denkmal erhaltene ÖBB-Dampflokomotive.

Pünktlich auf die Minute erreichten wir schließlich um 19.03 Uhr unser Ziel Graz – Zeit für ein Selfie auf dem Bahnsteig:

Ein Teil unserer Gruppe wollte sich die Beine vertreten und machte sich zu Fuß auf den Weg zu unserem Hotel in der Innenstadt, dem Motel One Graz am Jakominiplatz. Die anderen nahmen ein Taxi.

Im Hotel erwarteten uns Ute Genge und Helene, die Oma von Lisa Frey aus der Schweiz – sie hatten wir schon im Februar in Dijon kennengelernt. Beide waren nach Graz geflogen und wohnten ebenfalls im Motel One. Nach dem Einchecken und Auspacken trafen wir uns alle in der Lobby und gingen gemeinsam zum Abendessen im Brandhof, einem traditionellen österreichischen Restaurant gleich um die Ecke. Die typisch steirischen Gerichte waren große Klasse, nur unsere Vorfreude auf ein kühles Gösser vom Fass wurde enttäuscht: Die Kühlung war ausgerechnet an diesem Abend defekt und es gab deshalb nur Puntigamer aus der Flasche! Anschließend nahmen wir noch einen Absacker im Biergarten des Opernpavillons direkt neben dem Hotel.

Am Samstagmorgen trafen wir uns um halb neun in der Hotel-Lobby zum gemeinsamen Frühstück. Das erste Halbfinale im Raiffeisen-Sportpark sollte erst um 15 Uhr beginnen – wir hatten also vorher noch viel Zeit, um bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen Graz zu erkunden. Einige von uns besuchten einen Markt in der Nähe – wir machten uns zu sechst auf den Weg durch die Fußgängerzone zum Hauptplatz mit dem Rathaus und von dort durch schmale Gassen zur Mur, die in Nord-Süd-Richtung quer durch Graz fließt. Am Westufer liegt das Kunsthaus Graz, von seinen Erbauern „Friendly Alien“ getauft. Das 2003 – als Graz Kulturhauptstadt Europas war – eingeweihte Gebäude fällt durch seine ungewöhnliche Form auf, die wir später vom Schloßberg (der übrigens trotz Rechtschreibreform weiterhin bewusst mit „ß“ geschrieben wird) noch besser erkennen konnten.

Nur wenige Schritte entfernt befindet sich die ebenfalls zum Kulturhauptstadtjahr 2003 eröffnete Murinsel, ein 50 x 20 m großer schwimmender Hohlkörper mit Fußgängerbrücken zu beiden Ufern mit einem Amphitheater und einem verglasten „Dom“ mit Café.

Schon am Morgen war es sehr warm, deshalb machten wir dort eine Pause für ein erfrischendes Kaltgetränk. Hier kamen uns auch die ersten ganz in rot gekleideten Gruppen von THC-Fans entgegen, auf die wir in den nächsten Tagen in der Stadt immer wieder treffen sollten.

Anschließend ging es weiter zur Talstation der Schloßbergbahn, einer Standseilbahn, die schon seit 1894 Besucher auf den Grazer Schloßberg befördert. Vor einigen Jahren waren wir schon mit der ähnlich alten Nerobergbahn in Wiesbaden gefahren – ihr Grazer Gegenstück hat allerdings eine deutlich steilere Steigung von 60 % zu überwinden und besitzt außerdem zwei hochmoderne Wagen mit Glasdach, die sich in der Mitte der Strecke begegnen.

Oben angekommen machten wir erst mal ein Gruppenbild und genossen die tolle Aussicht über die ganze Stadt.

Auch die ungewöhnliche Form des „Friendly Alien“ fällt vom Schloßberg besonders ins Auge.

Das Wahrzeichen von Graz ist der 28 m hohe Uhrturm am Südende des Schloßbergs – lustigerweise sind hier die Stundenzeiger der Zifferblätter länger als die Minutenzeiger!

Zurück hinunter in die Altstadt nahmen wir den in den Fels gehauenen Schloßberglift – bei den Temperaturen wollte sich niemand die 260 Stufen der Schloßbergstiege antun! Graz ist ein Dorf: Immer wieder sahen wir unterwegs bekannte Gesichter – auf dem Schloßberg zunächst Zoes Eltern, kurze Zeit später am Uhrturm THC-Torhüterin Dinah Eckerle. Zurück in der Altstadt kam uns dann Familie Rüffieux entgegen. Wir machten uns auf den Rückweg zum Hotel, radikalisierten uns und brachen anschließend in Richtung Raiffeisen-Sportpark auf – die einen mit dem Taxi, die anderen zu Fuß.

Unterwegs trafen wir wieder alte Bekannte – zum Beispiel den Vater von Kathrin Pichlmeier, die ja bekanntlich inzwischen beim THC spielt. Vor der Halle und im Foyer war schon einiges los: Von allen vier teilnehmenden Teams hatten sich mehr oder weniger große Fangruppen nach Graz aufgemacht, allen voran die „rote Wand“ von THC-Fans, die bei weitem am zahlreichsten waren. Aber auch viele Blomberger Supporter, Angehörige und Freunde von Spielerinnen waren angereist: Es müssen etwa genauso viele Blomberg- wie Ikast-Anhänger in der Halle gewesen sein, während die französischen Fans aus Dijon die kleinste Gruppe stellten.

Einige Worte zur Veranstaltung: Wer Anfang März das deutsche Pokal-Final Four in Stuttgart erlebt und in Graz eine ähnliche oder sogar noch bessere Atmosphäre erwartet hatte, wurde von den EHF Finals enttäuscht. Obwohl die EHF in den Tagen und Wochen zuvor immer wieder behauptet hatte, dass man gerade die „letzten Tickets“ verkaufen würde und Handballfans schnell sein sollten, um Enttäuschungen zu vermeiden, kamen am Ende an beiden Tagen gerade mal etwas über 1.000 Zuschauer in die 2018 eröffnete Arena mit rund 3.000 Plätzen. Das waren bis auf ganz wenige „Neutrale“ fast ausschließlich Fans der vier teilnehmenden Vereine. Graz ist nicht gerade Österreichs „Handball-Hauptstadt“, und in der Stadt wurde auch keinerlei Werbung für das Event gemacht – selbst auf der Tourist-Information wusste man davon nichts! Es gab kein Hallenheft, keine Aktions- oder Verkaufsstände im Foyer (abgesehen von einer großen Bar) und auch in der Halle selbst kein Rahmenprogramm, außer den fast schon rührenden Versuchen, in der Halbzeitpause des jeweils zweiten Spiels des Tages einige Fans Bälle in Eimer oder Mülltonnen werfen zu lassen. Das Ganze kann man am besten mit dem Begriff „lieblos“ umschreiben. Die EHF Finals fanden bereits im dritten Jahr in Folge in Graz statt: In den ersten zwei Jahren waren die Zuschauerzahlen zwar etwas höher, aber mehr als die rund 1.800 Besucher beim Finale im letzten Jahr kamen noch nie. Die EHF sitzt bekanntlich in Wien, aber wenn man mit der Ausrichtung der Veranstaltung schon im Land bleiben möchte, wäre Wien in Sachen Erreichbarkeit und Zuschauerzuspruch sicher die bessere Wahl. Die HSG-Geschäftsstelle hatte für uns Tickets in der vierten Reihe des Blomberger Fanblocks C besorgt – dort konnte man aber aus Platz- und Lärmschutzgründen nicht trommeln. Zum Glück gab es reichlich freie Plätze in der Halle: Da wir Trommler von der frei gebliebenen ersten Reihe im Block C wegen der Bänke und Offiziellen-Tische nichts vom Spielfeld gesehen hätten, zogen wir in Reihe 1 des benachbarten Eckblocks um, der komplett leer (!) war. Hier hatten wir freie Sicht, waren allerdings etwas weiter von den übrigen Blomberger Fans entfernt.

Der HSG-Halbfinalgegner Ikast Håndbold hatte vor zwei Jahren an gleicher Stelle bereits einmal den Titel geholt; die Mannschaft ist gespickt mit dänischen, norwegischen und schwedischen Nationalspielerinnen sowie der Tschechin Marketa Jerabkova, die 2020/21 für eine Saison beim Thüringer HC gespielt hatte und damals Bundesliga-Torschützenkönigin geworden war. Es war klar, dass unsere HSG gegen dieses Allstar-Team über sich hinauswachsen musste, um auch nur annähernd mithalten zu können. Leider war das an diesem Nachmittag nicht der Fall: Schon beim ersten Blomberger Timeout in der 12. Spielminute war beim Stand von 9:3 für Ikast eine Vorentscheidung gefallen; zur Halbzeit hatte die HSG in 30 Minuten magere sechs Treffer erzielt und lag mit zehn Toren zurück. Die letzte Szene in Hälfte eins war sinnbildlich für den Auftritt der HSG an diesem Nachmittag: Ona – eigentlich eine sichere Siebenmeterschützin – vergab einen Strafwurf.

Auch einige THC-Anhänger kamen zu Beginn der zweiten Halbzeit rüber in den Blomberger Block und unterstützten die HSG-Fans – nicht ganz selbstlos, denn gegen Ikast hatte der THC schon vor zwei Jahren sein Halbfinale verloren & auf eine Wiederholung im 2025er Finale hatte man sicher keine große Lust. Alle Mühe war vergebens: Ikast konnte seine Schlüsselspielerinnen in der 2. Spielhälfte schon für das Finale schonen und trotzdem mühelos den Zehn-Tore-Pausenvorsprung bis zum Endergebnis von 28:18 halten – zwischendurch waren es beim 27:14 sogar mal 13 Treffer Differenz gewesen. Immerhin war der HSG-Angriff in Hälfte zwei etwas treffsicherer – was blieb, waren die vielen leichten technischen Fehler. Beste HSG-Schützinnen waren Nieke und Alexia mit jeweils fünf Toren. Die in gelb gekleideten dänischen Fans auf der Tribüne schräg gegenüber hatten schon früh mit den Siegesfeierlichkeiten begonnen und eine Polonaise am Spielfeldrand gestartet – das Ergebnis war am nächsten Tag ein Zaun rund um das Spielfeld …

Im zweiten Halbfinalspiel hatte der THC schon etwas mehr Mühe mit dem französischen Team aus Dijon, das nach den zwei Hauptrundenmatches gegen die HSG und der Verletzung der Dänin Stine Nørklit Lønborg mit der französischen ex-Welt- und Europameisterin Gnonsiane Niombla umgehend Ersatz gesucht und gefunden hatte. Am Ende setzte sich der deutsche Club aber nicht zuletzt dank 16 (!) Toren von Johanna Reichert mit 35:29 klar durch. Damit stand fest, dass die HSG im Spiel um Platz drei am nächsten Tag um 15 Uhr auf JDA Bourgogne Dijon treffen würde – ein Team, gegen das man in dieser EHF-Saison schon zweimal gespielt und gewonnen hatte. Ein gutes Omen?

Fortsetzung folgt …

Text und Fotos: Uwe Jakob